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Ausbildung | Kastration

Kastration von Herdenschutzhunden, ist das nötig?


Kastration des Herdenschutzhundes ist das angeraten oder nicht?


Die Kastration ist ein kontrovers und manchmal auch heiß diskutiertes Thema.
Hier nun ein paar Informationen, damit Sie eine eigene Entscheidung treffen können. Schließlich werden Sie auch mit den Vor- oder Nachteilen dieser Entscheidung ein Leben lang leben müssen.

 

Kastration: operative Entfernung der Keimdrüsen (Hoden/Eierstöcke).
Sterilisation: operative durchtrennen oder abbinden der Keimleiter (Samenleiter/Eileiter).

 

Tierschutz Gesetz

§ 1: Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen oder Leiden zufügen.

§ 6: Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren (Kupieren) von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres.


Der Rüde:

Eine Kastration des Rüden ist in Erwägung zu ziehen:

  • Gesundheitlichen Gründen: Prostataerkrankung, starker Vorhautentzündung oder wenn ein oder beide Hoden (Kryptorchismus) in der Bauchhöhle oder Leiste bleiben.
  • Verhaltensproblemen: übersteigerter Sexualtrieb wenn er von Testosteron gesteuert wird. Hormonell bedingtes Aggressionsverhalten, sofern es von Sexualhormonen gesteuert ist und nicht durch Erziehung zu bessern ist.
  • Wenn er nicht Zeugungsfähig sein soll: das ist ein fragwürdiges Argument, da eine Überwachung des Familienhundes möglich ist.

 

Wie:

  • Operation: Kastration, die Hoden werden unter Vollnarkose endgültig entfernt. Das hat unumkehrbare Folgen auf mehreren Ebenen: Verhalten, Skelett, Organe und den Hormonhaushalt!
  • Operation: Sterilisation, Durchtrennung der Samenleiter. Der Rüde bleibt im Verhalten und Hormonell unverändert, er ist nur nicht zeugungs- aber deckfähig.
  • Nicht-chirurgische, reversible Kastration: nach der Chip-Implantation wird ein Wirkstoff (GnRH Down- Regulationsverfahren/Gonatropin-Releasing Hormon) freigesetzt, der für 6 Monate verhindert, das Botenstoffe produziert werden, die zur Entstehung von Testosteron und anderen Geschlechtshormonen erforderlich sind. Die Hormonwerte sinken nach etwa 2 – 3 Wochen auf Basalniveau wie nach einer Chirurgischen Kastration. Erkundigen Sie sich bei ihrem Tierarzt ab wann der Rüde kein fruchtbares Sperma mehr hat und sicher nicht mehr befruchtungsfähig ist (ca. nach 6 Wochen) Nach Ablauf der Wirkdauer ist der Rüde wieder voll zeugungsfähig.

 

Die Wirkung des GnRH-Chips: Im ersten Monat kann ein anfänglicher Anstieg der Sexualhormone zu einer vorüber gehenden Erstverschlimmerung der Verhaltensauffälligkeiten führen. Dann folgen etwa fünf Monate in denen eine "echte Kastration" simuliert ist. In dieser Zeit können sie beobachten ob sich der Hund eher positiver oder negativer Verhält. Mit Ablauf der 6 Monats Frist kann es noch einmal zu einer "Sexualhormon-Spitze" kommen, bevor der Rüde wieder ein voll intakter Rüde ist. Er sollte vorsichtshalber erst nach der Pubertät, nach der körperlichen Reife, das erste mal eingesetzt werden.

 

Sterilisieren des Rüden ist nur zu empfehlen, wenn der Rüde dauerhaft unfruchtbar gemacht werden soll, ohne in seinen Hormonhaushalt einzugreifen. Er riecht für andere Rüden wie ein echter Rüde und benimmt sich wie ein zeugungsfähiger Rüde, der auch weiterhin den Deck-Akt vollzieht.

 

Kryptorchismus: Wenn sie ihren Welpen mit 8 Wochen beim Züchter abholen, befinden sich die beiden Hoden meist noch in der Bauchhöhle. Was man äußerlich sieht sind die beiden Schwellkörper, die man aber nicht mit den Hoden verwechseln sollte. Zwischen dem zweiten und dritten Lebensmonat wandern die Hoden in die Hodensäcke ab (Descensus). Manchmal ziehen sie sich bis zur Pubertät auch wieder in den Leistenkanal zurück. Der oder die Hoden die nicht in die Hodensäcke abgestiegen sind sollten in der Pubertät, spätestens aber in einem Alter von 1 ½ Jahren operativ entfernt werden, da sie dort zu bösartigen Entartungen neigen. Das hängt auch mit den für Hoden zu warmen Temperaturen im Körper zusammen. Der im Hodensack befindliche Hoden kann dort verbleiben, auch wenn die meisten Tierärzte ihn gleich mit entfernen wollen. Damit dieser Rüde sich nicht weiter vererbt kann der im Hodensack befindliche Samenleiter abgebunden/sterelisiert werden. Ist der Hoden fühlbar im Leistenkanal stecken geblieben kann er durch Hormongaben noch zum Absteigen veranlasst werden.

 

Wie Beeinflusst eine Kastration das Verhalten, welche Veränderungen treten auf:

  • Der Rüde "riecht" nicht mehr wie ein Rüde, eher wie eine Hündin oder auch läufige Hündin, was zu übergriffen von Hündinnen führen kann. Zweitens halten ihn die anderen Rüden auch nicht mehr für einen der ihren und Imponieren oder besteigen ihn. Das führt nicht selten zu einer Rauferei, den welcher Kangal Rüde (auch wenn er kastriert ist) lässt sich gerne so behandeln. Das führt bei den anderen Hunden zu einer Verwirrung darüber wer ihr Gegenüber ist. Die hundliche Kommunikation ist gestört, es kommt zu Missverständnissen. Bei Frühkastraten weiß der Hund scheinbar selbst nicht wer er ist.
  • Bei angstaggressiven Hunden kann es nach einer Kastration zu einer noch stärkeren Verunsicherung des Hundes kommen, da die ihn stabilisierenden männlichen Hormone nun gänzlich fehlen! Das gilt um so mehr für allgemein unsichere Hunde.
    ängstliches Verhalten wird durch das Hormon Cortisol gefördert, welches nach einer Kastration stärker ausgeschüttet wird.
  • Hypersexualität führt bei Rüden zu einem permanenten Erregungs-Level und der Hund ist kaum ansprechbar und unkonzentriert. Sie wollen alles decken ob es läufig ist oder nicht, fressen schlecht und streunen. Hier kann eine Kastration sinnvoll sein, damit der Hund zur Ruhe kommen kann und auch wieder normalen sozialen Kontakt zu Artgenossen aufnimmt. Aber.......
  • Eine bessere Erziehbarkeit tritt nur dann ein, wenn der Rüde wegen permanenter sexueller Ablenkung schwer erziehbar war. Nicht aber bei unklaren Beziehungsproblemen von Hund und Halter oder der "falschen" Erziehungs- und Ausbildungsmethode!
  • Frühkastraten bleiben infantiler, das kann positiv aber auch negative Auswirkungen haben. Das Gehirn befindet sich in der Pubertät in einer Umstrukturierungsphase. Vom jugendlich, sprunghaften, emotionalen zu erwachsenem, gesetztem, rationalen Verhalten.
  • Bei Rüden entwickelt sich ein sexuell/hormonell bedingtes Aggressionsverhalten ab Beginn der Pubertät, das ist Rasse abhängig und individuell unterschiedlich, bei HSH ca. ab 12 Monaten, seine volle Entfaltung zeigt sich aber erst nach dem erreichen der sozialen Reife. Beim Herdenschutzhund also mit etwa drei Jahren. Nicht alle Verhaltensprobleme sind Testosteron bedingt, mit dem zeitweiligen blockieren der Geschlechtshormone durch einen GnRH-Chip, lässt sich überprüfen ob eine chirurgische Kastration den erhofften Erfolg verspricht, oder es keine Verbesserung des Verhaltens gibt und eine Kastration unnötig ist. Es gibt Fälle, da wird durch eine Kastration erst recht das unerwünschte Verhalten verstärkt! Nach einer Operation gibt es keinen Weg mehr zurück!
  • Eine Territorialaggression soll durch eine Kastration gemildert werden können, in Kombination mit erzieherischen Maßnahmen. Inwieweit das führ HSH gilt möchte ich bezweifeln. Bei Frühkastraten kann das funktionieren, da sie ihr ausgeprägtes territoriales Verhalten noch nicht ausgebildet haben. Bei ausgewachsenen Hunden wird es keinen Einfluss haben, da das Verhalten auch schon sehr gefestigt und lange konditioniert wurde.
  • Aggressionen gegen andere Rüden können schwächer werden oder auch schlimmer! Es kommt sehr darauf an aus welchem Grund es vor der Kastration zu Verhaltensauffälligkeiten kam! Ist der Rüde aggressiv weil er andere dominieren möchte und sehr statusbezogen ist, kann es schlimmer werden. Da wäre eine vernünftige Erziehung sinnvoller. Ist er aggressiv weil er die Konkurrenz potenter anderer Rüden wittert, kann das durch Testosteron geförderte Verhalten sich bessern. Ist er abwehrend aggressiv weil er die Erfahrung gemacht hat, das andere Rüden ihn Angreifen, kann es besser werden, da diese Rüden nun viel freundlicher zu der "vermeintlichen Hündin" sind.
  • Dominantes Verhalten lässt sich durch Kastration nicht oder kaum beeinflussen. Interessanter weise haben Tiere erst nach Erringung einer hohen Rangposition erhöhte Testosteronwerte. Würde Testosteroneinfluss auf das Erlangen dieser Position haben, müssten die Testosteronwerte schon vorher erhöht sein.
  • Das Besteigen anderer Hunde, kann sich bei einer Kastration nur dann bessern, wenn es sexuell motiviert ist und sich noch nicht als Verhalten etabliert hat. Reitet der Rüde auf, weil er andere dominieren will, wird sich das Verhalten nicht ändern durch eine Kastration. Da sollten sie eher Erzieherisch tätig werden. Aufreiten als Stress Abbau, kann sich zu einer Stereotypie verstärken, gerade auch nach einer Kastration. Es sollte lieber analysiert werden warum der Hund in welcher Situation Stress hat.
  • Urinieren im Haus, natürlich nicht das des Welpen oder inkontinenten Hundes, ein Markier-Verhalten kann durch Sexualhormone gesteuert sein und somit durch eine Kastration zu verhindern sein.
  • Leben zwei Rüden im Haushalt und es kommt öfters zu Spannungen und Streit zwischen den beiden, kann es Sinnvoll sein den rangniederen Hund zu Kastrieren und den Ranghöheren in seinem höheren Status zu bestätigen. Bevor eine solche Entscheidung fällt, sollte ein erfahrener Hundetrainer befragt werden, um die Lebenssituation der Hunde zu klären. Sind zum Beispiel gleich alte, gleichgeschlechtliche Hunde mit ähnlichem Persönlichkeitstyp im Haushalt zu samen, wird eine Kastration wahrscheinlich nichts nützen, sondern nur die Abgabe eines der beiden Tiere in ein neues Heim. Es kann bei Gruppenhaltung alleine durch ein falsches Management und Gruppenführung des Halters zu Aggressionen kommen, da nützt dann auch keine Kastration.
  • Ist Ihr Hund sehr "eifersüchtig" wird eine Kastration nichts nutzen, da dieses Verhalten durch das Hormon Vasopressin gesteuert ist.
  • Neigt der Rüde zu starker Jungtierverteidigung, kann eine Kastration nicht zu einer Verringerung des Verhaltens führen, da es von dem Hormon Prolaktin und Testosteron gesteuert ist.

 

Körperliche Veränderungen durch die Kastration:

  • Eine Vorhautentzündung verschwindet, da der Hund aber mit dieser eitrigen Entzündung normalerweise kein Problem hat, ist das kein alleiniger Grund für eine Kastration, sondern eher ein positiver Nebeneffekt.
  • Frühkastraten haben einen infantilen Penis.
  • Der Skelettaufbau verändert sich, da das Testosteron für Muskelaufbau und Knochenstruktur verantwortlich ist. In der Pubertät steuert es das schließen der Wachstumsfugen in den Röhrenknochen. Daher werden Frühkastraten oft größer als ihre intakten Geschlechts-Genossen.
  • Testosteron wirkt stützend auf das Bindegewebe, nach einer Kastration fehlt es und das kann zu hängendem Gewebe und lockerem Gangwerk führen. Eine Neigung zu HD/Hüftgelenksdysplasie wird durch die Bindegewebsschwäche nun gefördert. Das wirkt sich besonders drastisch auf Hunde aus, die sich noch im Wachstum befinden und die Größe und das Gewicht eines HSH erlangen.
  • Fellveränderungen: z.B. verfilzte Unterwolle, stumpfes Fell.
  • Hormonelle Veränderung: mehr Hunger und verlangsamter Stoffwechsel können zu mehr Gewicht führen.

 

Die Hündin:

Eine Kastration der Hündin ist in Erwägung zu ziehen:

  • Gesundheitliche Gründe: ausgeprägte Scheinschwangerschaften, Neigung zu Gebärmutterentzündung
  • Verhaltensproblemen: übersteigertes hormonell bedingtes Aggressionsverhalten, sofern dieses von Sexualhormonen gesteuert wird und nur während und kurz nach der Läufigkeit auftritt.
  • Wenn sie nicht zeugungsfähig sein soll: das ist ein fragwürdiges Argument, da eine Überwachung möglich ist! Und eine Bauchhöhlenoperation mit nicht unerheblichen Komplikationen einher gehen kann, die auch tödlich enden können.


Wie kann man die Läufigkeit verschieben/verhindern:

  • Operation: Kastration, Ovarektomie, die Eierstöcke werden unter Vollnarkose endgültig entfernt. Das ist ein schwerwiegender Eingriff in den Hormonhaushalt der Hündin.
  • Operation: Kastration, Ovarhysterektomie, die Eierstöcke und die Gebärmutter werden unter Vollnarkose endgültig entfernt. Das ist ein schwerwiegender Eingriff in den Hormonhaushalt der Hündin.
  • Operation: Sterilisation, bei der Operation werden unter Vollnarkose nur die Eileiter durchtrennt. Hormonell verändert sich die Hündin nicht.
  • "Wegspritzen" der Läufigkeit durch Gestagene, also eine Läufigkeitsunterdrückung.

 

Sterilisieren der Hündin ist nur zu empfehlen, wenn die Hündin dauerhaft unfruchtbar gemacht werden soll, ohne in ihren Hormonhaushalt einzugreifen. Sie riecht für andere wie eine intakte Hündin und benimmt sich wie eine Zeugungsfähige und Deckwillige Hündin. Die auch weiterhin einen ganz normalen Zyklus durchläuft.

 

Das "Wegspritzen" der Läufigkeit durch Gestagenen oder anderer Hormone ist mit Vorsicht abzuwägen. Die Folgen eines Eingriffes in den Hormonhaushalt durch andere Hormone sind schwer zu Kalkulieren. Es können erhebliche Nebenwirkungen auftreten, wie zB.: eine Gebärmutterentzündung (Pyometra) oder Veränderungen der Brustdrüsen, die können zu Mamma Tumoren auswachsen.

 

Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Kastration:

  • Der optimale Zeitpunkt für eine Kastration ist die Phase des späten Anöstrus, da die Hündin in dieser Zeit hormonell "inaktiv" ist. Sie sollten natürlich den Zyklus ihrer Hündin kennen um zu wissen wann sie so weit ist. Es könnte etwa drei bis vier Monate nach der Läufigkeit sein.
  • eine Operation kurz vor, nach oder noch ungünstiger während der Läufigkeit ist unbedingt zu unterlassen (stärkere Blutung!). Eine Ausnahme bildet natürlich eine lebensbedrohliche Situation.Neben den erhöten gesundheitlichen Risiken zu dieser Zeit, kann es passieren das die Hündin sozusagen auf diesem Hormonstand stehen bleibt.
  • Wenn die Hündin körperlich und geistig voll ausgereift ist.


Hündinnen erreichen erst nach der dritten Läufigkeit ihre volle geistige Reife. Da der HSH erst spät seine soziale Reife erlangt, ist erst mit Erreichen des dritten Lebensjahres von einem Mental ausgewachsenen Hundes zu reden. Lernen sie die Persönlichkeit ihres Hundes erst einmal kennen, bevor sie diese mit ungewissen Ausgang verändern.

 

Die erste Läufigkeit bei Herdenschutzhund Hündinnen setzt erst relativ spät ein. Das hängt damit zusammen, dass erst bei erreichen des für die Rasse typischen Erwachsenengewichts mit der ersten Läufigkeit zu rechnen ist. Laut Rassenstandart des Kangal's etwa 40 – 55 kg, individuelle Abweichungen kommen natürlich vor. Meine Hündinnen wogen alle 44 kg bei der ersten Läufigkeit und waren um die 12 Monate alt.
Während Hunde kleiner Rassen schon ab dem 6 Monat Läufig werden können. Wölfinnen werden erst mit zwei Jahren geschlechtsreif.

Hündinnen werden normalerweise zweimal im Jahr Läufig (diöstrisch), im Gegensatz zur Wölfin, die nur einmal im Jahr (monöstrisch) in die Hitze kommt. Bei HSH Hündinnen ist es durchaus nicht ungewöhnlich wenn sie statt alle 6 – 7 Monate nur ca. alle 10 Monate läufig werden. Da große Rassen zu einem längerem Läufigkeitsintervall neigen.

 

 

Wie beeinflusst eine Kastration das Verhalten, welche Veränderungen treten auf:

  • Hündinnen können nach einer Kastration ausgeglichener sein, weil der Hormonspiegel nicht mehr so sehr schwankt.
  • Früh kastrierte Hündinnen, vor der ersten Läufigkeit, bleiben kindlicher und reifen sozial nicht völlig aus.
  • Viele Hündinnen bleiben in ihrem Aktivitätsniveau unverändert.
  • Nach einer Kastration kann es bei Hündinnen zu einer Steigerung des Aggressionsverhaltens kommen, das könnte mit einem niedrigeren Östrogen-Spiegel oder auch dem fehlenden beruhigenden Effekt des Progesterons zusammen hängen. Das Verhalten kann sowohl gegen Artgenossen, wie auch gegenüber Menschen/Kindern gesteigert sein. Verstärkte Ressourcenaggression und ein Status bezogenes Aufstreben können auftreten. Die Testosteron Werte steigen an.
  • Verhaltensveränderungen treten besonders häufig auf, wenn die Hündin in den Hormon-Aktiven-Phasen Kastriert wird! Es kann zu Depressionen, Irritierbarkeit, Unsicherheit, Reizbarkeit und Aggressionen kommen. Die Cortisol werte sind erhöht.
  • Scheinträchtigkeit/Scheinmutterschaft: gesteigertes Aggressionsverhalten oder auch Depressive Stimmungen, umhertragen von Gegenständen, buddeln tiefer "Geburtshöhlen" bevorzugt im Garten, usw. Nach einer Kastration wird eine Hündin nicht mehr scheinträchtig und daher können in diesem Fall die an die Scheinschwangerschaft/Scheinmutterschaft gekoppelten Aggressionen/Depressionen und Verhaltensauffälligkeiten nicht mehr auftreten. Bevor eine Kastration in Erwägung gezogen wird, sollte man die Hündin Homöopathisch behandeln, um zu überprüfen ob die Symptome sich deutlich bessern und somit die Kastration unnötig machen.
  • Nur Aggressionen die ausschließlich während der Läufigkeit und der Scheinschwanger-schaft / Scheinmutterschaft auftreten, also Geschlechtshormon bedingt sind, können durch eine Kastration positiv beeinflusst werden.
  • Dominante und sehr rüdenhafte Hündinnen werden nach einer Kastration noch viel forscher und Aggressiver auftreten. Die Testosteron Werte sind erhöht und das dämpfende Östrogen fehlt.
  • Symptome der Jungtierverteidigung können, obwohl Prolaktin gesteuert, sich verbessern, wenn es nur ca.2 bis 4 Monate nach der Läufigkeit auftritt. Nicht aber wenn es um die Verteidigung von Kindern und Schwangeren-Hundehalterinnen geht. Das nehmen besonders HSH besonders ernst. Prolaktin kann auch zur Abwehr fremder Kinder und fremder Welpen/Junghunden führen.
  • Ist die Hündin eher generell "eifersüchtig", also Vasopresin gesteuert, auf Partnerschutz Programmiert, wird sich nichts ändern. Es könnte sich aber auch um eine bei HSH ebenfalls beliebten Ressourcen-Aggression handeln.
  • Bei einer Futteraggression wird sich das Problem verschärfen. Wer mehr Appetit hat, hat auch mehr Grund deswegen zu streiten.
  • Östrogene verzögern das Auftreten von Altersdemenz, die kastrierte Hündin hat davon nun zu wenig und die Wahrscheinlichkeit an Altersdemenz zu leiden steigt.


Körperliche Risiken der Kastration:

  • Hündinnen können nach einer Kastration Inkontinent werden da die Blasensphinkter erschlaffen. Die Wahrscheinlichkeit der Inkontinenz ist bei Hündinnen großer Rassen höher als bei kleinen. Ab einem Körpergewicht von 20 kg steigt das Risiko für lebenslange Inkontinenz. Es wurden aber Medikamente entwickelt um das Problem zu beheben. Im Extremfall kann eine spezielle Operation die Lösung sein.
  • Frühkastraten haben eine infantile Vagina, das kann manchmal zu Entzündungen führen.
  • Der Skelettaufbau verändert sich, Hündinnen neigen zur Osteoporose/Osteomalazie, sie benötigen nach einer Kastration mehr Mineralstoffe da Kalzium und Phosphor verringert in die Knochen eingelagert werden.
  • Fellveränderungen: z.B. verfilzte Unterwolle, stumpfes Fell.
  • Hormonelle Veränderung: mehr Hunger und verlangsamter Stoffwechsel können zu mehr Gewicht führen.

 

Allgemeine Denkanstöße, die beide Geschlechter betreffen:

Zu jung kastrierte Hunde haben eine verlängerte Wachstumsperiode, längere Röhrenknochen und einen verzögerten Schluss der Wachstumsfugen, was wiederum zu Schäden der Skelett Struktur führen kann. Geschlechtshormone spielen eine zentrale Rolle bei der Skelettentwicklung. Das ist ein weiterer Grund, Hunde - wenn überhaupt - erst nach der körperlichen Reife zu kastrieren.

 

Der veränderte Hormonspiegel lässt den Hund oft hungriger werden, was zusammen mit einer veränderten/verlangsamten Stoffwechsel und Verdauung zu Übergewicht mit deren gesundheitlichen Folgen führt. Dadurch werden die "Kastraten" natürlich dann auch träger. Aber auch nur dann!

 

Eine Kastration hat keinen positiven Einfluss auf das unerwünschte Jagdverhalten des Hundes. Es kann eher noch schlimmer werden, wenn "Hund" ständig Hunger hat! Es könnte sein, das die Sexualhormone etwas dämpfend auf das Jagdverhalten wirken, fallen sie weg hat Hund nichts besseres zu tun. Da hilft nur ein erfolgreich absolviertes Anti-Jagd-Training oder Anleinen in Wildgebieten.

 

Haben sie einen streunenden Hund, kann eine Kastration nur dann Erfolg versprechen, wenn es in die Zeit um eine Läufigkeit fällt. Ist ihr Hund dauernd alleine unterwegs, sollten sie sich erstens mehr mit ihm beschäftigen, die Bindung verstärken und ihr Grundstück besser einzäunen.

 

Eine Kastration während und um den Zeitraum der Pubertät/Geschlechtsreife herum ist umstritten. Viele Hunde machen in dieser Zeit noch einmal eine Phase der Unsicherheit durch. Daher kann in dieser sensiblen Phase eine lebenslange Unsicherheit zurück bleiben. Das Gehirn des jungen Hundes befindet sich in einer kritischen Umstrukturierungphase.

 

Eine Vollnarkose, bedeutet auch immer ein Narkoserisiko! Gerade die HSH reagieren manchmal überempfindlich! Das kann tödliche Folgen haben.

 

Jede Operation kann zu Komplikationen führen, es ist daher im Vorfelde gründlich abzuwägen ob der versprochene Nutzen, das Risiko auf wiegt.

 

Durch die Kastration verändert sich oft auch das Fell. Bei stockhaarigen Hunden kann z.B. die Unterwolle verfilzen. Rüden haben eine verringerte Talgproduktion und somit spröderes Haar das wasserdurchlässiger ist. Kastrierte Hündinnen produzieren mehr Talg.

 

Viele Probleme die man als Hundehalter mit seinem Hund hat, lassen sich durch erzieherische Maßnahmen oder eine Verhaltenstherapie beeinflussen und nicht durch eine Kastration!
Dazu zählen z.B: Rangordnungsprobleme, Markierverhalten, Angstaggression, Jagen, territoriale Aggressionen, exzessives Bellen, Trennungsangst und neurotische Störungen.

 

Eine Kastration ersetzt nicht die meist zusätzlich oder sogar vorrangige Verhaltenstherapie.

 

Lassen Sie von einem qualifizierten Hundetrainer/Verhaltensberater die Persönlichkeit ihres Hundes einschätzen und sich auf dieser Grundlage weiter beraten.

 

Lassen sie sich vor einer Kastration sowohl von einem auf Kastration und Verhalten geschulten Tierarzt wie auch einem qualifizierten Hundetrainer/Verhaltensberater gründlich und umfassend beraten, bevor sie voreilige und unumkehrbare Schritte einleiten.

 

Einzelfall Beratung:

Tierverhaltensmedizinische Beratung
PD Dr. Udo Gansloßer, Sophie Strodtbeck

 

www.einzelfelle.de


Ein aktuelles Buch zu diesem Thema ist:

- Udo Gansloßer, Sophie Strodtbeck, Kastration und Verhalten beim Hund, Müller Rüschlikon.

 

Litheratur:
- Dr. Gabriele Niepel, Kastration beim Hund, Chancen und Risiken – eine Entscheidungshilfe, Kosmos, 2007
- Dr. Gabriele Niepel, Die Bielefelder Kastrationsstudie, 2003
- Dr. Udo Gansloßer, Verhaltensbiologie für Hundehalter, Kosmos, 2007
- Dr. Udo Gansloßer, Petra Krivy, Verhaltensbiologie für Hundehalter – Das Praxisbuch, Kosmos, 2011
- Udo Gansloßer, Mit Hunden leben, Filander, 2010
- Udo Gansloßer, Sophie Strodtbeck, Kastration und Verhalten beim Hund, Müller Rüschlikon, Erscheinungstermin: Okt. 2011
- J. M. Evans & Kay White, Die Hündin, Kynos, 1998
- Dr. Helga Eichelberg, Hundezucht, Kosmos, 2006
- Inge Hansen, Handbuch der Hundezucht – Mit großem homöopatischem Ratgeber, Müller Rüschlikon 2006
- Susanne Reinerth, Natural Dog Food, 2005