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Ausbildung | Erziehung

Erziehung und Ausbildung des Kangal für den Familiengebrauch in Urbanen und dicht besiedelten Gebieten


Beschäftigen Sie sich mit Wolfs- und Hundeverhalten vor Anschaffung des Kangals. Lesen Sie die Literatur über Herdenschutzhunde und ihr rassetypisches Verhalten! Der Kangal will auf subtile Art in sein neues Rudel eingegliedert werden. Fallen Sie nicht auf sein Manipulationsverhalten herein. Bedenken Sie, dass man absolut konsequent bei der Erziehung des Hirtenhundes sein muss, das verwechseln sie bitte nicht mit Härte oder gar Gewalt. Geben Sie keine unnötigen Befehle. Die, die Sie geben, müssen Sie dann aber auch durchsetzen können, sollten sie nicht befolgt werden. Untergraben Sie Ihre Erziehung nicht dadurch Anweisungen zu erteilen, die der Hund wahrscheinlich nicht befolgt wenn er sich nicht in Ihrem Einwirkungsbereich befindet. Eine erfolgreiche Hundeerziehung ist nur dann möglich, wenn der Hund seine Menschen als orientierungswürdige Leitfiguren empfindet und sich seiner Position in diesem Familienverband klar ist. Jedes erfolgreiche "Hunde-training", beginnt mit einem erfolgreichen "Selbst-training". Kann ich meine kommunikations Fehler nicht abstellen und mein Verhalten nicht optimieren, wieso sollte mir dann der Hund Folgen? Es ist ein Unterschied ob ich dem Hund antrainiere "Platz" zu machen, oder ob ich ihm beibringe die "Bewegungseinschränkung" zu akzeptieren. Das erste ist Dressur, das zweite Erziehung. Zu Hause in Ihrem Revier wird der Grundstein für den Gehorsam im Aussen-Gelände gelegt. Folgt er dort nicht, warum soll er das draußen tun! Klare Regeln schaffen Ordnung, was wiederum bei Hunden ein Gefühl der Berechenbarkeit und somit Sicherheit schafft. Der Hund ist durchaus froh, wenn er nicht die Verantwortung in unserem Rudel trägt, und sein Mensch ihn Entscheidungen abnimmt, dann kann er auf dem Spaziergang auch entspannen. Diese Rasse erfordert Hundeerfahrung und empfiehlt sich eher nicht für Ersthundebesitzer.

 

Lesen Sie dazu auch das Kapitel: Ausbildung: Dominanz

 

Kangal Trainingsgruppe Winter 2007, Photo AK

 


 

Berliner Zaunbekanntschaften, 2010

 

Der Kangal muss lernen unterschiedliches Aussehen, Körpersprachen und Verhaltensweisen anderer Rassen schon früh richtig zu deuten. Gehen Sie mit Ihrem jungen Hund viel mit anderen freundlichen Hunden spazieren. Er lernt durch beobachten, wie man sich richtig Verhält. Umgekehrt schaut er sich auch Unerwünschtes bei anderen Hunden ab! Wählen Sie also sorgfältig, mit welchen Hunden Sie spazieren gehen.

 

Kangaltreffen 2007, Foto EvB

Eine gute Leinenführigkeit und Orientierung sind schon nötig um in einer solchen Gruppe sich völlig fremder Hunde spazieren gehen zu können.

 

Lesen Sie dazu auch das Kapitel: Ausbildung: Leinenführigkeit

 

Auch bei der Ausbildung darf man die Erkenntnisse der Gebrauchshundeausbildung nicht ohne weiteres übertragen. Ich habe z.B. den Eindruck, dass das sehr beliebte Clicker-Training bei Kangals nicht so gut funktioniert, da es ihnen zu unpersönlich ist. Der Click als Belohnung ist zu neutral, das sofortige persönliche Lob der Bezugsperson fehlt dem Hund. Die Prinzipien des Clicker-Trainings in Bezug auf Verstärkung und Timing sind aber sehr wichtig. Der Kangal verkauft sich nicht für Futter. Wenn er keine Lust hat, können Sie ihn mit Futter nicht motivieren etwas zu tun. Von Gehorchen möchte ich in diesem Fall noch gar nicht sprechen. Der Beutetrieb ist nicht hoch und sollte auch nur von denen gefördert werden, die ihn nachher auch kontrollieren können. Wobei auch hier kein Gehorsam über die Beutemotivation trainiert wird! Brutale Gewalt und sinnlose Unterdrückung haben in der modernen Hundeausbildung keinen Platz mehr. Es gibt viel subtilere Methoden sich durchzusetzen. Man sollte sich nicht in einen offenen Konflikt mit einem 65 kg schweren Hund begeben. Bedenken Sie, dass diese Hunde gezüchtet wurden, um bei Bedrohungen nicht nach zu geben.

 

Kangaltreffen 2007, die Hunde haben sich erst auf dem Treffen kennen gelernt, Foto EvB

 

Niemals darf man seinen Herdenschutzhund in Fremdausbildung weg geben und schon gar nicht in die Hände von Ausbildern, die etwa Gewalt anwenden. Sollte es einmal nötig sein Druck auf Ihren Hund auszuüben, müssen Sie das selber tun. Was bei einem Fremd-Ausbildungs-Training heraus kommen kann, können Sie bei Dr. Dorit Feddersen-Petersen, Hundespsychologie (2004) S. 443 nachlesen. Die Abwesenheit der Bezugsperson und die falsche Ausbildung führten zu einem Vertrauensverlust, Verhaltensstörungen und Angst die in Aggressionen Endeten. Der Herdenschutzhund ist trotz seines Imposanten Auftretens ein sensibler Hund. Ein Rat an alle Hundetrainer: zeigen sie den Hundehalter was zu tun ist, machen Sie es nicht mit dem Ihnen fremden Herdenschutzhund vor. Nicht jeder Hund wird das wohlwollend akzeptieren! Sie sollten sehr genau einschätzen können, bei welchem Individuum Sie wie weit gehen können.

 

Wollen Sie also einen Hund der an Ihren Lippen hängt, für den es die größte Erfüllung ist, wenn Sie Bälle werfen oder mit ihm ausgiebig spielen? Dann kaufen Sie sich keinen Kangal, dafür ist er viel zu ernsthaft. Für den Hundesport ist er auch nicht geeignet. Niemals Schutzdienst! Fährtenarbeit macht er nicht gerne. Agility findet er in der Jugendzeit noch ganz nett, aber wenn sie erwachsen sind wollen sie sich mit solchem Spielkram dann nicht mehr gerne befassen. Seltene Ausnahmen würden diese Tendenz trotzdem bestätigen. Mir sind aber keine bekannt. In Amerika wird diese Rasse auch als Therapiehund eingesetzt weil sie sehr viel Ruhe ausstrahlen, menschenfreundlich sind, und das cremefarbene flauschige Fell zum streicheln einlädt. Eine Team Test- oder Begleithundeprüfung (VDH Hundeführerschein) können Sie bei richtiger und früher spielerischer Motivation, natürlich bestehen (wenn der Hund am Prüfungstag dazu Lust hat), nur fängt dieser Hund bald an sich zu fragen warum er den sitzen bleiben soll, wenn sein Mensch weggeht, da ist es doch viel bequemer im Liegen auf seine Rückkehr zu warten. Wenn sein Mensch zurück kommt, warum soll Hund den wieder aufstehen, es ist grade so bequem. Der Kangal findet den Hundesportplatz sowieso nicht groß genug, um Sie aus den Augen zu verlieren. Wenn Sie „achten“ durch die Menschengruppe gehen, kommt es vor, das er sich mitten in der Übung hinlegt oder stehen bleibt und darauf wartet, das Sie sich endlich entscheiden, in welche Richtung Sie nun gehen wollen. Diese Hunde sind sehr Intelligent. Sie denken mit, ob das Sinn hat, was man von ihnen möchte und bilden sich dann gerne ihre eigene Meinung. Wichtiger als solche Prüfungen über deren Sinn und Unsinn sich streiten lässt ist, dass Sie mit Ihrem Hund auf dem Spaziergang konsequent das üben, was er dort später können soll. Erst über Motivation und dann mit Gehorsamstraining! Der von einigen Hundeschulen angebotene „Hundeführerschein“ der dann auch Behördlich anerkannt ist, wird sehr praxisnah durchgeführt und bietet sich für Herdenschutzhundehalter eher an. Wenn sie eine Prüfung machen wollen.



Tarak und Ayla auf dem Spaziergang, Photo AK 2005


Auch wenn die Hunde absolut freundlich auf Fahrradfahrer reagieren, so wissen das doch die fremden Menschen nicht. Daher ist es zur Beruhigung der Öffentlichkeit schon sinnvoll, die Hunde zu sich zu rufen, oder wenn der Hund gut ausgebildet ist, am Wegrand ins „Platz“ zu schicken. Es ist auch eine Frage der Höflichkeit, die Radfahrer unbehelligt vorbei zu lassen. Wenn Sie sich nicht sicher sind wie das bei einem Kangal geübt wird, holen Sie sich frühzeitig Rat bei HSH erfahrenen Haltern und Ausbildern. Bedenken Sie bitte die Größe, das Gewicht und vor allem den Durchsetzungswillen eines Kangals. Das einüben der Kommandos erfolgt immer über freudige Motivation, in Ablenkungsarmer Umgebung. Der HSH muss dann aber auch lernen, dass sein Mensch darauf besteht und seine Anweisung auch durchsetzen kann. Bevor einen das reale Leben einholt.

 

 

Tarak und Ayla im "STEH", 2010

 

Kuh auf "Freigang", das passiert auf dem Lande öfter als man glaubt. Manchmal auch eine ganze Herde, da Kühe sehr dreist und neugirig sind und manchmal auch scheinangriffe starten, sind Tarak und Ayla dann nie angeleint, um meine Bewegungs und Flucht möglichkeiten nicht einzuschränken. Dafür sollte "Fuss" und "Steh" und "Hier" schon sehr gut und zuverlässig gezeigt werden.


Kangalausbildungsgruppe, Winter 2007, Photo AK

Tarak und Ayla, 2010

 

Pferde sind Flucht-Tiere und daher sehr schreckhaft, da ist es schon gut, wenn die Hunde nicht bedrohlich wirken und Ruhe ausstrahlen!


Die falsche Ausbildung führt bei einem Kangal im bestem Fall dazu, dass er nicht mehr tut, was man möchte. Der Kangal reagiert sehr sensibel auf unnötige Härte seiner Menschen. Er zieht sich dann vollständig in sein Schneckenhaus zurück, und das Vertrauensverhältnis ist lange gestört. Motivieren Sie ihn so weit wie möglich das gewünschte Verhalten in einer bestimmten Situation zu zeigen und korrigieren Sie ihn wo es nötig ist, aber immer der Situation angemessen und Zeitnah! Bedenken Sie auch immer, das Dinge die Ihr Hund noch nicht kennen gelernt hat, sein Schutzverhalten auslösen könnten. Es ist daher ratsam vor solchen Begegnungen, den Hund anzuleinen und sich nicht auf seinen sonst so guten Ausbildungsstand zu verlassen. Bedenken Sie immer, dass Sie einen eigenständigen Hund haben und keine Sorge, sollten Sie es vergessen, der Kangal wird Sie früher oder später daran erinnern.

 


Tarak und Ayla, Photo AK 2005

 

Die schlechteste Zeit für Gehorsamsübungen/Motivationstraining ist bei Hunden normalerweise nachts wenn sie müde sind. Nach dem Fressen, da sind sie satt und träge. Nach stundenlangen Märschen und bei zu gutem(Hitze) oder zu schlechtem(Nässe) Wetter.
Für den Kangal in der Türkei ist nachts, in den Morgenstunden und frühen Abendstunden die beste Trainingszeit. Traditionsgemäß, da klimatisch bedingt, sind alle Tiere während der Tageshitze inaktiv. Am Spätnachmittag/frühen Abend werden die Schafe aus dem Dorf auf die Almen getrieben, in Begleitung der Hunde. In der Nacht sind alle Hunde mit Wachdienst beschäftigt. Morgens, wenn es zu heiß zum Grasen für die Schafe wird, ziehen alle zurück ins Dorf. Nun ist es bei uns in Deutschland nicht so heiß wie in der Türkei und es ist auch nicht unbedingt nötig, Nachts im Dunkeln zu trainieren. Im Umkehrschluss kann ich nur empfehlen, Ihren Kangal nie ab Beginn der Dämmerung ab-zu-leinen. Das ist die Zeit seiner größt möglichen Eigenständigkeit und Sie sehen wegen der einsetzenden Dunkelheit immer schlechter, was ihnen entgegen kommt!

 

Sayid und Kristina, 2009 Foto AK

Senay und Sayid sind in Kristinas "menthalen" Einflussbereich. 2009

 

Bringen Sie ihrem Hund bei Ihre gesetzten Grenzen zu akzeptieren. Sei das nun die größte erlaubte Distanz zu ihnen auf dem Spaziergang, also einen Radius um Sie herum, den er nicht überschreiten soll. Oder auch einen Zaun als Grenze zu respektieren.

 

Ayla und Tarak, 2007

Es ist für Sie nicht wichtig, das Ihr Hund gut "dressiert" ist und "SITZ" macht, sondern das Sie ihm vermitteln können, was er in der Welt in der er sich bewegt darf und was unakzeptabel ist.

Das ist Erziehung!