Ariane mit Tarak, Ayla und Lilli, im Moor April 2005, Foto EvB
Das Jagdverhalten des Hundes
Sequenzen des später für Raubtiere nötigen Jagdverhaltens werden schon im Welpenalter eingeübt. Erst spielerisch und dann im Laufe des Heranwachsens immer zielgerichteter. Mit der Entwicklung des Jagdverhaltens ist bei HSH im Junghundealter ab dem 5 Monat zu rechnen. Das bedeutet, dass wir als Familien-Hunde-Halter auch schon im Welpenalter das nicht Jagen, beziehungsweise das nicht reagieren auf schnelle Bewegungsreize, einüben sollten. Wölfe müssen das Jagen üben, um überleben zu können, der Haushund nicht.
Sirin lernt mit hilfe einer Reizangel, an der ein Flügel schwingt, nicht auf jagdliche Muster zu reagieren!,
Welpenkurs Kiebitzreihe 2010
Bei unseren Familienhunden führt dieses Verhalten zu erheblichen Schwierigkeiten. Ein jagender Hund kann abgeschossen werden oder vor ein Auto rennen und dadurch nicht nur sich selber, sondern auch andere Menschen lebensbedrohend gefährden. Er kann von der Behörde als „gefährlich“ eingestuft werden. Auch die Wildtiere haben ein Anrecht auf Ruhe, und selbst wenn Ihr Hund es nicht tötet sondern „nur hetzt“, kann das für ein Wildtier so entkräftigend sein, dass es an den Spätfolgen elendig eingeht. Bei trächtigen Tieren kann es zu Fehlgeburten kommen (zB auch bei Schafen!).
Sirin kann schon mal üben, das Kaninchen nicht gejagd werden, das müssen wir nun noch auf Wildkaninchen und Hasen ausdehnen.2010
Das hündische Jagdverhalten ist auch nicht auf Wildtiere beschränkt, sondern überträgt sich bei falscher Früherziehung auch auf Nutztiere, Jogger, Fahrradfahrer, laufende Kinder mit und ohne Ball und fahrende Autos. Damit es nicht dazu kommt, müssen Sie einerseits ein solches Verhalten von Anfang an frühzeitig unterbrechen und zweitens die Befehle „Hier“ (anstelle des „Hier“-Befehls kann auch ein bestimmter Pfiff geübt werden) oder „Platz“ verlässlich einüben. Alles Üben ist natürlich umsonst, wenn Sie Ihren jungen Hund mit älteren Hunden laufen lassen, die deutliches Jagdverhalten zeigen. Hunde lernen durch Beobachten, Nachahmen und Ausprobieren.
Sirin beobachtet neutral die Rehe im Gehege, hier lässt sich mit jungen Hunden üben den Geruch von Wildtieren kennen zu lernen, sie zu beobachten und zB: "Platz" zu machen und mich anzusehen, wenn angesprochen.Wenn das zuverlässig geht muß man natürlich noch mit Wildtieren in Fluchtverhalten üben! 2010
Das Jagdverhalten setzt sich aus folgenden Sequenzen zusammen: Erstens Suche nach Beute. Dazu gehören das optische Absuchen der Umgebung ebenso, wie das Suchen nach Geruchsspuren. Zweitens das Fixieren. Damit ist ein hochkonzentrierter Blick auf das Beuteobjekt gemeint. Drittens das Anpirschen. Viertens das Hetzen der Bäute. Fünftens das Zupacken und sechstens das Töten der Beute. Mann kann auch noch Siebtens, das Aufreissen und Konsumieren der Beute dazu zählen.
Tarak beobachtet neutral die Rehe im Feld, das ist ok, 2010
Bei jagdlich hochmotivierten Hunden ist schon die erste Sequens zu unterbrechen, bei weniger Motivierten reicht es das „Fixieren“ und „Anpirschen“, zu unterbrechen. Befindet sich der Hund schon in der Hetzphase, haben Sie kaum noch eine Chance, da schon das Hetzen für den Hund eine selbstbelohnende Handlung ist. Aus Ihrem Hund wird ein Wilderer. Um Freude am Jagen zu haben, braucht ein Hund nicht den Erfolg, eine Beute erlegt zu haben. Schon das hetzen ist so lustvoll, das es immer wieder praktiziert wird. Wie ausgeprägt sein Jagdverhalten sein wird, richtet sich natürlich auch nach seiner individuellen Veranlagung.
Tarak und Ayla beobachtet neutral die Wildreiche Umgebung, während ich versuche die Rehe zu Fotographieren, 2010
Der Herdenschutzhund soll wenig Jagdtrieb haben, soweit die Theorie. In der Praxis muss man sagen, dass es in der Kangal-Rasse eine erhebliche Variation der Ausprägung des Jagdverhaltens gibt. Es kommen Individuen vor mit schwacher Veranlagung bis zu Individuen mit ausgeprägter Jagdleidenschaft. Der Kangal ist wenn überhaupt ein Sichtjäger und Kurzstrecken Sprinter. Das ist natürlich nach Deutschem Jagdrecht auch schon zu viel. Wildtierspuren verfolgt er eher nicht. Forsorglich sollten Sie ein „anti Jagd Training“ mit Ihrem Hund machen (das gilt eigentlich für alle Hunde, egal welcher Rasse oder Mischung) wenn er später in der Natur frei laufen soll.
Wildpark Eekholt 2007
Besuchen Sie mit Ihrem angeleinten Hund einen Wildpark oder/und unternehmen Sie Spaziergänge auf dem Land oder im Wald. Machen Sie ihren Hund mit Nutz-, Haus- und Wildtieren aller Art vertraut. Ein gleichgültiges neutrales Verhalten wird gewünscht. Beobachten Sie Ihren Hund, wenn er Wildtiere wahrnimmt. Bleibt er neutral bis leicht freudig ist noch alles in Ordnung. Wird er aber aufgeregt, fixiert er mit den Augen die potentielle Beute, so befindet der Hund sich schon im „ Jagdmodus“, auch wenn er noch bei Ihnen ist. Das sollten Sie also schon korrigieren!
Als erstes müssen Sie aber lernen, sich auf Spaziergängen auf Ihren Hund zu konzentrieren. Und zwar erstens auf das, wie er sich verhält und zweitens auf die Umgebung. Sehen Sie etwas, das er vielleicht jagen möchte, leinen Sie ihn frühzeitig an. Immer nach dem Motto: „und führe mich nicht in Versuchung“. Auch wenn Sie nichts Verdächtiges in der Umgebung entdecken können, Ihr Hund aber unruhig umherläuft, mit suchendem Blick, Nase im Wind oder Nase intensiv schnüffelnd auf dem Boden, sofort anleinen. Er ist bereits auf der Suche nach Beuteobjekten. Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass unkontrolliertes, exzessives Spielen mit Bällen oder anderen sich schnell bewegenden Beuteobjekten die Jagdbereitschaft nur noch steigert und nicht abschwächt.
Jedes Training beginnt angeleint. Erst wenn es an der zwei Meterleine im Nahbereich zuverlässig klappt. Kann mit der 10 Meterleine im Fernbereich gearbeitet werden. Erst wenn dort alles wie gewünscht läuft, kann man je nach Hund und Veranlagung im Freilauf weiter üben.
Weitere Informationen finden Sie im Kapitel: Ausbildung: Leinenführigkeit
Ihr Hund muß lernen das wenn sie "NEIN" sagen, er nicht los laufen darf. Besser ist natürlich, wenn er lernt Sie zu fragen, "darf ich"? und dann kommt Ihr "NEIN". Noch besser ist er sieht das Wild und bleibt selbständig und selbstverständlich bei Ihnen.
Ayla hat Rehe gesehen und muß nun "Platz" liegen, bis sie entspannt, 2010
Der Hund sollte lernen "Platz" zu machen, inklusive der Akzeptierung dieser Bewegungseinschränkung. Wenn er abliegt, sieht er das Wild nicht, oder kann zumindest nicht hinterher laufen. Hat der Hund sich im "Platz" entspannt, ist vollständig zur Ruhe gekommen, kann man ihn abrufen, abholen oder auch weiter laufen lassen auf dem Weg. Jenachdem was die Situation erfordert.
Weitere Informationen finden Sie im Kapitel: Ausbildung: Platz
Ayla und Tarak sichten Rehe , 2010
Der Hund muß lernen nicht einfach loß zu laufen. Ist er angeleint darf er nicht in die Leine springen.Der Hund soll lernen zu kommen, wenn Sie rufen, vorallem wenn er das Wild schon vor Ihnen sieht. Nicht alle Wildtiere sind so "nett" in so großer Distanz zu flüchten. Hasen sitzen in ihrer Kuhle bis der Hund nur noch Zentimeter von ihm entfernt ist. Rehe liegen oft im Gebüsch, auch direkt neben dem Weg! Da ist der Hund manchmal nur noch einen Meter von ihnen entfernt, befor sie aufspringen!
Tarak sichtet Rehe , macht "Platz", nun kann man den Hund auch mal zu sich hin Orientieren, 2010
Oft wird empfolen mit dem Hund zu trainieren, das er auf "Schau" Sie ansieht und dadurch nicht mehr merkt, das auf der Wiese ein Reh steht. Das ist natürlich ganz nett und Sie können das auch üben. Es hilft nur garnicht, wenn der Hase aus seiner Liegekule direkt vor dem Hund loß läuft, oder das Reh aus dem Busch springt! Da hilft nur ein konsequent eingeübtes Abbruchsignal zB: "NEIN"
Ayla beim entspannten Bad mit Wildgänsen im Teich, 2010
Tarak als Studienobjekt für den Gänse Nachwuchs, so entspannt gehen Wildtiere mit Hunden um, die offensichtlich nicht im Jagdmodus sind. 2010
Haben Sie ein Problem mit Ihrem Hund, gehen sie frühzeitig zu einem Hundetrainer, der sich mit Unterbrechung von Jagdverhalten auskennt. Warten Sie nicht, bis sich das Jagdverhalten richtig bei Ihrem Hund verfestigt, sonst führt er nur noch ein Leben an der Leine.
Denken Sie bitte darüber nach, das der Hund zusätzlich zum Anti-Jagdtraining noch eine sinnvolle Beschäftigung zum Ausgleich braucht, wie zB.: Nasenarbeit oder Inteligenz-Spielzeuge.